ZEITZEUGEN BERICHTEN
Über die Zustände im Lager
Flucht und Befreiung (ca. 70 km Marsch)
Ende April mussten die Häftlinge zu Fuß von München Riem über Bad Tölz zum Tegernsee und dann richtung Alpen marschieren.
Die SS hatten den Befehl, dass kein Häftling in die Hände der Alliierten geraten darf. Sie mussten eine Nacht in einem Bauernhof in Rottach verbringen. Das nutze Ernes Gillen und einige andere Luxembourger Häftlinge und sie versteckten sich in der Nacht vom 1. auf den 2. Mai 1945 im Bauernhof, ohne dass die SS es bemerkte.
Auf einem anderen Bauernhof wurde er von dem Ehepaar versorgt, deren Sohn auch in Dachau war. Obwohl Ernes Gillen krank war und Fieber hatte, marschierte die Luxembourger Gruppe weiter. Er wurde bon einem versteckten Sanitäter versteckt.
Am 2. Mai traf die Gruppe bei Breitenbach am Schliersee auf amerikanische Truppen. Das war die Befreiung.
Ernest Gillen wog jetzt noch 52 kg. Mit einem kaputten Auto fuhr die Gruppe nach Luxembourg. Am 18. Mai erreichte er endlich sein Zuhause und war bei seinen Eltern. Nach drei Jahren, einem Monat und zwei Tagen in KZ-Haft.
Nach dem Krieg:
Ernest Gillen hatte lange mit Gesundheitsproblemen, Alpträumen und Ängsten zu kämpfen.
Er absolvierte eine Diplomatenausbildung und war Botschafter und Konsul un Brüssel und den Niederlanden.
Im Oktober 1980 ging er in Rente. Unermüdlich widmete er seine Zeit der Forschungs- und Erinnerungsarbeit. Er verfasste viele Artikel in Büchern und Zeitschriften über die Gräueltaten in den KZs. Öfters besuchte er Natzweiler und den Tunnel von Urbès, so auch am 12. September 1976 mit dem luxemburgischen Verband der deportierten von Natzweiler-Struthof und Urbès.
Am 2.Februar 2004 ist er verstorben.
Als Kleidung hatten die Häftlinge die übliche, gestreifte Kluft wie in allen KZs. Die bestand aus Hose, Jacke und einer Mütze, dazu die unmöglichen Holzschuhe.
Wladislav Bartoszewski beschreibt das so:
„Gekleidet sind sie (die Häftlinge) in einheitlichen Anzügen aus Zellwolle, grau-dunkelblau gestreift. Diese grässliche Zellwolle! Wenn sie nass wird, wird sie steif wie ein Brett. Im Winter gibt sie, obwohl sie dick ist, keinerlei Wärme.
Die Kleidung wandert von einem Häftling zum Anderen, von den Toten zu den Lebenden. Die Aufseher sind froh, jede Gelegenheit zu nutzen, um die Häftlinge zu ärgern, indem sie ihnen bösartige falsche Größen zuteilen, eine große Jacke und Hose an Kleinwüchsige geben und kleine Sachen für Groß-gewachsene; dadurch sehen viele Häftlinge auf eine tragische Weise grotesk aus.“
Die Kleidung, wie die gesamte Behandlung von KZ-Häftlingen diente und verstärkte die Entpersönlichung der Menschen. Dazu kam schon zu Beginn der Haft die Wegnahme des Namens, die Herabstufung zur Nummer, die gestreifte Kleidung, die Rasur am ganzen Körper. So sollte die Persönlichkeit von Beginn an und die gesamte Halft hindurch gebrochen werden. Dazu kamen lange und harte Arbeitszeiten, ständiges Antreiben. Alles musste im Laufschritt geschehen, damit die Häftlinge nicht zur Besinnung kamen.
Hunger:
Die äußerst mangelhafte und einseitige Ernährung erzeugte ein ständiges Hungergefühl. Dazu kamen Magen- und Darmerkrankungen. Der dauernde Hunger beherrschte immer mehr den ganzen Menschen, der Mensch selbst wird zum Hunger. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel – zumindest vorübergehend. Es gibt auch das Programm:
„Vernichtung durch Arbeit.“ Zuviel Arbeit mit zu wenigen Kalorien, bis alle Reserven aufgebraucht sind und der Herzstillstand eintritt.
Wie wir sehen, sterben in Urbès nur die Hingerichteten. Viele werden krank, kommen nach Natzweiler und sterben dort oder kommen in weitere Lager und sterben oder überleben dort.
„Sie bestand hauptsächlich aus Luftwaffensoldaten, auch die Offiziere, ein Feldwebel und ein Unteroffizier.
Dazu gab es drei SS-Offiziere:
SS-Obersturmführer Janisch war Leiter der Baustelle.
SS-Untersturmführer Brandt war Leiter des Lagers.
Zwischen den Beiden bestand ein Konkurrenzverhältnis. Brandt kam offenbar nicht aus einem anderen KZ und drangsalierte uns nicht, im Gegensatz zu Janisch, der uns immer wieder antrieb. Später kan ein „echter SS-KZ_Mann“ mit einem Hund, der sich brutal verhielt.
Während dem die KZ_Wächter im KZ Sachsenhausen für ihre „Arbeit“ mit allen Schikanen ausgebildet wurden, wurden die Hunde auf die gestreifte Kleidung dressiert. Eingesetzt wurden deutsche Schäferhune, jedoch auch Dobermänner und andere Großhunde.“
– Ernest Gillen
„Die Luftwaffensoldaten trieben uns nicht an. Sie passten nur auf, dass wir nicht wegliefen.
Sie begleiteten uns auf dem Weg vom Lager zum Tunnel und auch bei Arbeiten ausserhalb des Lagers. Nach dem Attentat auf Hitler, wurden die Soldaten und die SS überführt.“
– Ernest Gillen
„Flucht passte den Luftwaffensoldaten nicht, „da wir dann Überstunden machen müssen“, so bemerkte einer. Es gab wohl bei ihnen auch Verständnis für Flüchtlinge. In der ersten Woche brachen zwei Gruppen Russen aus. Die erste Gruppe wurde vermutlich gleich gefangen. Sie war direkt vor dem Tunnel weggelaufen.
Von der zweiten Gruppe die flüchtete, wurde einer gefasst. Vermutlich war er schon tot. Diese waren durch den Abwasserkanal geflüchtet.“
– Ernest Gillen
„Vier wieder gefangene Flüchtlinge wurden am Tunneleingang vor allen Augen aufgehängt. Einer der Gefangenen musste Janisch demonstrieren, wie er durch den Kanal entkommen war. Als er dann Richtung Wlad lief, hat Janisch auf ihn geschossen und ihn schwer verletzt. Er ist dann im Lager gestorben.„
– Ernest Gillen
„Zwei waren durchgekommen und schlossen sich dem Marquis (Resistance) auf der anderen Seite des Berges an.„
– Ernest Gillen